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Nichts ist wirksamer wie das persönliche Gespräch

 Heute am 1. Juli 2019 sind es auf den Tag genau 10 Jahre, seit ich an der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU die Leitung des Besuchs- und Informationsdienstes übernahm. In diesen 10 Jahren durfte ich gemeinsam mit meinen wunderbaren Programmkoordinatorinnen (großes Dankeschön an Christine Neumann, Tina Obermoser, Regina Rusch und nun seit August 2018 Lydia Korinek) ganz genau 1500 Besuchergruppen betreuen, die alle maßgeschneiderte Besuchsprogramme erhielten. Insgesamt waren das 44 225 Personen, die wir im Laufe der Jahre als Besucher hier begrüßen durften. Das sind ungefähr so viel wie die Einwohner von Wiener Neustadt oder etwa fast ganz Dornbirn. Ich selbst habe in diesen Jahren stolze 919 Vorträge vor Gruppen gehalten und ich werde nicht müde, das auch weiterhin mit viel Enthusiasmus und Engagement zu tun. Nun, was waren die Themen im Laufe der Jahre:  

Beim Besuchs- und Informationsdienst haben wir die Möglichkeit, den Kontakt zu unseren Landsleuten aber auch internationalen Gästen zu pflegen, ihre Fragen, Anliegen und Interessen zu registrieren. Die Interessensgebiete waren vielfältig und bildeten jeweils die europapolitisch aktuellen Themen ab. So war im Jahr 2009 und 2010 noch der Vertrag von Lissabon und parallel dazu die Wirtschafts- und Finanzkrise stark nachgefragte Themen. Letzteres zog sich bis zum Jahr 2015. Diskussionen zu Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA beschäftigen die BesucherInnen besonders in den Jahren 2015 und 2016. Das waren auch die Jahre in denen sehr verstärkt Vortragswünsche zu Brexit und zu Asyl- und Migrationsfragen wahrnehmbar waren. Konstanten bei der Nachfrage an Vortragsthemen sind Lobbying und Interessensvertretung in der EU sowie die Rolle und Aufgaben der Ständigen Vertretung Österreichs. Zuletzt hat auch die vergangene österreichische Ratspräsidentschaft 2018 viele Besuchergruppen neugierig gemacht. Eine Konstante ist aber auch, dass der Mythos der Gurkenkrümmung (seit 2009 abgeschafft), immer noch hartnäckig bei der Bevölkerung verankert ist. Aktuell ist bereits stärkeres Interesse zu Klimawandel und Umweltpolitik zu vernehmen.

Was habe ich den 10 Jahren gelernt?

Nach meiner persönlichen Erfahrung in der Europa-Kommunikation ist nichts wirksamer als das persönliche Gespräch. Deswegen ist achtsames Gastgeben „hosting“ sowie Authentizität sehr wichtig. Dazu gehört das Eingehen auf die jeweilige Zielgruppe und viele partizipative und interaktive Angebote. Besonders wichtig ist es, die BesucherInnen zum Fragenstellen zu animieren und auf ihre Fragen einzugehen. Es ist immer wunderbar, wenn sich BesucherInnen „abgeholt“ fühlen und man ihnen ansieht, wenn ihnen eine Antwort einen Erkenntniszugewinn bereitet. Für mich persönlich gibt es kaum beruflich etwas Schöneres als die zufriedenen Gesichter der Gäste und feedbacks wie „Frau Dondi, ich hätte Ihnen noch stundenlang zuhören können. Schade, dass der Besuch schon vorbei ist“.

Vermutlich habe ich mein persönliches Igikai hier in diesem Beruf gefunden. Ich tue das, was ich gerne tue und kann und was meinen Werten entspricht. Ich verstehe mich als Gastgeberin, Europa-Erklärerin und Übersetzerin komplexer EU-Themen in eine verständliche Sprache. Dass ich bereits 10 Jahre diese wundervolle, aber auch verantwortungsvolle Kommunikationsarbeit hier an der Ständigen Vertretung Österreichs ausüben darf, dafür empfinde ich tiefe Dankbarkeit.

Man lernt am besten durch Begegnungen. Ich bin so dankbar über diese vielen Kontaktmöglichkeiten und was ich von unseren Besuchergruppen und auch von anderen Vortragenden lernen durfte. Die Fragestellungen sind oft eine gute Übung, die eigene Arbeit zu reflektieren und ich glaube, dass der häufige Kontakt mit Menschen auch sehr hilft, Bodenhaftung zu bewahren. Für mich waren die vergangenen 10 beruflichen Jahre eine ganz große Freude. DANKE!

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Wenn die Saat aufgeht…

Am 9. Dezember 2016 stand ich vor dem Dilemma, 4 Besuchergruppen zu betreuen, wobei zwei davon sich den gleichen Zeitpunkt wünschten. Es handelte sich um eine Gruppe von PädagogInnen aus Oberösterreich und um eine Studierenden-Gruppe, die ehrenamtlich in einem „legal literacy Programm“ engagiert sind, um SchülerInnen und Schülern rechtliche Grundkenntnisse Begriffe näher zu bringen. Für mich war es daher naheliegend, diese zwei Besuchergruppen zusammen zu bringen, den Studierenden Zeit zu geben, ihr Projekt zu präsentieren und die Besucher anzuregen, miteinander in Dialog zu treten. Glücklicherweise waren beide Gruppen mit einem „matching“ einverstanden. Nun: Heute war der Gruppenleiter von damals, Dr. Klaus Zeugner von der PH-Oberösterreich wieder mit einer Gruppe von Pädagoginnen du Pädagogen in Brüssel zu Gast: Er berichtete, dass von den damaligen Begegnungen hier in Brüssel an der Ständigen Vertretung Österreichs unzählige Projekte in Oberösterreich entstanden sind und seither zahlreiche Workshops an oberösterreichischen Schulen stattgefunden haben. Es ist schön zu sehen, wenn aus Dialog auf Augenhöhe Projekte wachsen können. Und schön, dass ich hier in Brüssel davon erfahren darf, wenn irgendwo in Österreich die Saat aufgeht. Was für eine schöne Ernte für mich.

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25 Jahre gemeinsam statt einsam!

Foto: Apa

Es waren beeindruckende 66,6 Prozent, die vor genau 25 Jahren für Österreichs Beitritt zur EU gestimmt haben. Ich kann mich noch genau an diesen sonnigen sommerlichen Tag in Wien erinnern, als am Abend das Ergebnis verkündet wurde und Autos hupend über den Ring fuhren, wie wenn Österreich bei einem Fußballmatch gewonnen hätte. Was für ein Freudenfest! Vor 25 Jahren war ich damals Studentin in Wien. Damals habe ich so ziemlich alles auf der Uni belegt, wo „EU“ im Vorlesungsverzeichnis gestanden ist. Beim Europa-Telefon habe ich mir Unmengen an Broschüren bestellt und ich wurde damals nicht müde, über die Vor- und Nachteile des „EG-Beitrittes“, wie es damals hieß, zu diskutieren und Freunde, Verwandte und Bekannte zur Wahl zu bewegen. Wenn ich heute innehalte und manche berufliche Stationen in meinem Lebenslauf Revue passieren lasse, sehe ich jetzt, dass das Thema EU mein Lebensthema ist. Heute darf ich beruflich nahezu täglich über Aufgaben, Aufbau und Alltagsarbeit der EU sprechen. Und ich werde nicht müde, das zu tun. Ich empfinde große Dankbarkeit, dass damals das Referendum so eindeutig ausgegangen ist und wir seit 1995 Mitglied in der europäischen Familie geworden sind.

Fundstücke

Zu viele Blockierer

Der langjährige EU-Korrespondent Otmar Lahodynsky bringt es auf den Punkt: die EU hat in allen Mitgliedsländern zu wenige Fürsprecher.

https://www.profil.at/ausland/eu-politik-populisten-blockierer-10806891

Österreich in der EU · Blog · Home · Wahlen zum Europäischen Parlament

Ihre Stimme zählt heute

(Bild von Clker-Free-Vector-Images auf Pixabay)

Nach dem Auftauchen des Ibiza Videos hat es ordentlich gerüttelt in der Republik. Zack, zack, zack ging es und die österreichische Bundesregierung steht bis zu den Neuwahlen im September auf wackeligen Beinen. Das Video hat schonungslos demaskiert, wie der ehemalige Vizekanzler HC Strache, der stets betonte die Interessen des kleinen Mannes vertreten zu wollen, wirklich tickt. Unglaublich, wie skrupellos er die Republik zur eigenen Machtmaximierung an vermeintliche russische Oligarchen verscherbelt und Österreichs Medienlandschaft und Auftragsvergabe à la Autokraten wie Erdogan gestaltet hätte. Die Empörung darüber ist nachvollziehbar. Unserem Herrn Bundespräsidenten Van der Bellen bin ich dankbar, dass er die richtigen Worte findet und unaufgeregt in einer politischen Ausnahmesituation die richtigen Schritte setzt. Seine Rolle war noch nie so wichtig! Haben Sie noch die Wiederholung der Bundespräsidentenwahl und das knappe Ergebnis in Erinnerung? Sie sehen, jede Stimme zählt.

Das bringt mich zu den Europawahlen: Die Regierungskrise in Österreich hat die heute stattfindenden Wahlen zum Europäischen Parlament überschattet. Heute geht es darum wie die Mehrheitsverhältnisse für die nächsten fünf Jahre im Europäischen Parlament aussehen werden. Sie können mitbestimmen, welche österreichischen EU-Abgeordnete Sie im Europäischen Parlament vertreten sehen wollen, indem Sie jener Partei Ihre Stimme geben, die Ihren Ideen und Werten entspricht. Damit können Sie auf die künftige EU-Politik Einfluss nehmen. Heute um 23 Uhr wird das österreichische Wahlergebnis durch den neuen Innenminister Eckhart Ratz als Leiter der Wahlbehörde verkündet werden. 15 Minuten später werden wir das vorläufige EU-Ergebnis erfahren. Durch Ihre Teilnahme an der Wahl zum Europäischen Parlament leisten Sie einen Beitrag zur Stärkung der Legitimation dieses demokratischen Organs. In Europa geht es um Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Freiheit. Setzen Sie ein Zeichen, stehen Sie auf, gehen Sie wählen. Vergeben Sie eine Vorzugsstimme. Unterstützen Sie die Demokratieverfechter und nicht die Demokratieverächter.

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Lektionen des Brexits

 (Bild von Willfried Wende auf Pixabay)

 „Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird!“  ist ein weiser Satz von Heinz von Foerster, dem Begründer des ethischen Imperativs. Theresa May ging eher den gegenteiligen Weg. Das britische Unterhaus engte ihr durch permanentes Neinsagen die Anzahl der Optionen immer mehr ein. Man hatte zeitweise das Gefühl, das Vereinigte Königreich bewegt sich beim Thema Brexit im Kreis und findet den Ausgang nicht, während die Uhr weiter tickt. Viele von uns sind bereits durch den Brexit erschöpft und können das Thema nicht mehr hören, obwohl er noch gar nicht stattgefunden hat. Der Slogan der Brexitbefürworter „Wir wollen unsere Kontrolle zurück“ hört sich heute angesichts der chaotischen Zustände zynisch an. Ich persönlich wünsche mir, dass dieses Thema, das unzählige Personen und Ressourcen bindet, bald einmal abgehakt ist und dass wir uns in der EU wichtigen Zukunftsvorhaben widmen können. Ein paar Lektionen kann man aber doch ziehen.

1) Mit Demokratie spielt man nicht.

Man darf nicht vergessen, dass dieser ganze Schlamassel von Mays Vorgänger, David Cameron eingebrockt wurde, der aus innerparteilichen Konflikten heraus leichtfertig ein Referendum anzettelte. Und das über eine Frage, die für ein Land existenziell ist und worüber die Wähler kaum Informationen über mögliche Auswirkungen hatten.

2)  Vorausschauende Szenarioplanung und adäquate Vorbereitung sind zwingend!

Der ganze Brexit-Prozess hat schonungslos aufgedeckt, wie unvorbereitet das Vereinigte Königreich auf das Brexit-Votum war.  Offensichtlich wurde ohne genauen strategischen Plan voreilig mit den Austrittsverhandlungen begonnen, ohne genau zu wissen, welches Ergebnis am Ende eigentlich herauskommen sollte.

3) Die Rückkoppelung mit dem eigenen Parlament ist erforderlich.

Die britische Regierung hat in Brüssel den Austrittsvertrag mit der EU-Kommission verhandelt und zwischen den EU-Mitgliedstaaten und Großbritannien wurde Einigung erzielt. Den Austrittsvertrag brachte Theresa May bisher aber nicht im eigenen Parlament durch. Er wurde bereits dreimal im Unterhaus abgeschmettert. Und nun, fast drei Jahre nach dem Referendum und nach über zwei Jahren Brexit-Verhandlungen, findet Theresa May die Zeit reif, einmal mit dem Oppositionsführer Jeremy Corbyn zu sprechen. Hingegen hielt die Einigkeit unter den EU27-Staaten. Warum? Weil die Europäische Kommission höchst professionell agierte und sie alle EU Mitgliedsstaaten konsequent informiert hielt.

Österreich in der EU · Blog · Home

Europas Desintegration

(Bild von Mediamodifier auf Pixabay)

Ich bin in meiner Familie die erste Generation, die ohne Krieg aufgewachsen ist. Viele Errungenschaften der EU spüre ich täglich. Die Freiheit, in einem anderen EU-Land leben und arbeiten zu dürfen, den Euro, die abgeschafften Roamingebühren, Standards bei Produkten und vieles mehr. Ich bin dankbar, Unionsbürgerin zu sein, und hoffe, dass auch noch zünftige Generationen die vielen Errungenschaften der EU genießen können. Doch in letzter Zeit bereitet mir die Tendenz der EU zu ihrer Desintegration zunehmend Sorge. Die letzte Woche war keine gute für die EU. Am Montag tagten die Außenminister in Brüssel. Bei drei von vier Tagesordnungspunkten gelang es den Mitgliedsstaaten nicht, mit einer Stimme zu sprechen. In diesem Politikbereich gilt nämlich das Einstimmigkeitsprinzip.

Selbstverständlich hat in der EU jedes Mitgliedsland das Recht, seine Position und seine Bedenken einzubringen und zu verhandeln. Aber gut wäre es, wenn man die gemeinsamen Ziele und den europäischen Mehrwert dabei noch im Auge behielte und die Konsensfähigkeit nicht völlig verliert. Ich kann daher den Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker
gut verstehen, wenn er bereits mehrmals einforderte, die EU müsse „weltpolitikfähig“ sein. Wie soll die EU als Einheit in einer globalisierten Welt bestehen? Und dann auch noch der Streit über die geplante deutsche Pkw-Maut. Der Generalanwalt empfiehlt dem Europäischen Gerichtshof, die Klage der österreichischen Regierung abzuweisen. Er sieht es als legitim an, dass Deutschland bei allen Nutzern der deutschen Autobahnen, egal ob Inländer oder Ausländer, eine zweckgebundene
Infrastrukturabgabe in Form einer Vignette einheben darf. Und dass Deutschland den deutschen Autofahrern bei der nationalen Kraftfahrzeugsteuer Steuerentlastungen geben darf, weil hier nur die deutschen Fahrzeughalter steuerpflichtig sind. Andere EU-Bürger unterliegen eigenen Steuergesetzen.

Ich finde es bedauerlich, dass eine aus Populismus geborene Ankündigung im deutschen Bundestagswahlkampf, die Einführung einer „Ausländermaut“, nun die Gemüter erhitzt und zu zwischenstaatlichen Streitereien führt. Sollte der EuGH den Empfehlungen folgen, wird das nur jene befeuern, die schon über Revanche-Maßnahmen durch eigene Steuerpraktiken
und Rückvergütungen für die „eigenen“ Staatsbürger nachdenken. Solche Maßnahmen würden dann am laufenden Band bei
jeder neu eingeführten „Inländerbevorzugung“ weitere EuGH-Verfahren provozieren und letztlich das ganze Integrationsprojekt der Europäischen Union ins Wanken bringen. Ich kann es nicht genug betonen, nationalistische „Mia-san-mir“-Mentalitäten sind Gift für die Europäische Union, die sie zerbrechen lassen können.

Blog · Brexit · Wahlen zum Europäischen Parlament

EU ist unser Alltag!

(Bild von Pexels auf Pixabay)

Der Brexit zeigt auf, was für ein Privileg die Unionsbürgerschaft ist. Sie ist aber gleichzeitig auch eine Verantwortung. Die anstehenden Europa- Parlamentswahlen im Mai 2019 sind entscheidend. Das hören wir zwar jedes Mal, wie zum Beispiel 2014, als man noch mit dem Slogan „Diesmal ist es anders“ kampagnisierte. Trotzdem lag die Wahlbeteiligung europaweit nur bei 42,61 Prozent. Bei den letzten EP-Wahlen war aber noch weit und breit kein Brexit in Sicht, der amerikanische Präsident hieß noch Barack Obama und nicht Donald Trump, und es drohten auch keine Handelssanktionen seitens der USA.

Warum ist es diesmal wirklich entscheidend? Weil der Ausgang der Wahlen im europäischen Parlament die Kräfteverhältnisse möglicherweise neu ordnet. Es wird nach dem Brexit keine britischen Abgeordneten mehr geben.Den beiden großen Fraktionen, der Europäischen Volkspartei (EVP) und den Sozialdemokraten (S&D), werden Verluste vorausgesagt, Umfragen gehen davon aus, dass die europaskeptischen Anti-Immigrationsparteien (z.B. die Lega Nord mit Matteo Salvini) zulegen werden. Wer Nachfolger von Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident wird, das wird vom Ausgang der Wahlen im Europaparlament mitbeeinflusst.

Das neu gewählte Europäische Parlament muss den zukünftigen Kommissionspräsidenten mit absoluter Mehrheit bestätigen. Diese Mehrheiten muss der Kandidat für diese Funktion erst einmal finden. Das größte, direkt gewählte Parlament der Welt, das Europäische Parlament, stimmt über europäische Gesetzesvorhaben ab und muss dem neuen mehrjährigen EU-Budget (Finanzrahmen) zustimmen. Ein sehr wichtiges Dossier, das derzeit auch unter österreichischem Vorsitz verhandelt wird. Es ist also für unseren Alltag ausschlaggebend, wie die Kräfteverhältnisse im Europäischen Parlament sein werden, ob EU-Gesetzgebung europaskeptisch oder pro-europäisch abgestimmt wird.

Die Europäische Union hat vielfach gezeigt, dass sie etwas für ihre Bürger und Bürgerinnen bewegen kann. Sie hat Frieden in Europa gesichert, Wohlstand ermöglicht, wirtschaftliche Hürden und Grenzen abgebaut, Mobilität erleichtert und hilft mit, für viele Lebenschancen zu erweitern. Trotzdem fühlen sich viele zu Hause von den Errungenschaften der Europäischen Union wenig tangiert. Brüssel dient weiter als Sündenbock für fast alles, womit man zu Hause nicht zufrieden ist. Kurz vor den Europa-Parlamentswahlen wird das Vereinigte Königreich Ende März aus der Europäischen Union austreten. So traurig der Brexit ist, doch keine Informationsbroschüre oder Website wird jemals besser vor Augen führen, was es bedeutet, bei der Europäischen Union dabei zu sein, oder eben nicht. Wie der Austritt verlaufen wird – geordnet nach Austrittsvertrag – oder chaotisch und ungeplant, steht noch in den Sternen und wird am 11. Dezember in London im britischen Unterhaus abgestimmt werden.

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Der europäische Mehrwert

In jüngster Zeit sind insbesondere in Österreichs Nachbarschaft wieder mehr Versuche von nationalen Alleingängen zu beobachten. Eine „Mia-san-mir-Mentalität“ ist kontraproduktiv, weil sich viele Herausforderungen der EU, wie Klimaschutz, Globalisierung, Digitalisierung, Protektionismus, Migration und vieles mehr, nicht alleine lösen lassen. Nationale Egoismen bremsen die Handlungsfähigkeit der EU. Dabei wäre es so wichtig zu erklären, wie Entscheidungen zustande kommen und welche Mitwirkungsrechte es gibt, damit Bürger und Bürgerinnen sich nicht abgehängt fühlen. Den Gemeinden und Regionen käme hier eine wichtige Kommunikationsaufgabe zu. Denn in Wahrheit fährt „die EU“ nicht einfach bei Entscheidungen über den Willen der Mitgliedstaaten hinweg, sondern diese sind überall eingebunden. Auch die Regionen und Gemeinden haben die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben. Die Kommission unterzieht sich vor neuen Gesetzesinitiativen umfangreichen Konsultationsprozessen. Wussten Sie, dass sich lokale und regionale  Gebietskörperschaften auf EU-Ebene nur sehr gering  einbringen? Von all den Stellungnahmen, die die EU-Kommission bei ihren  Konsultationsprozessen für ihre Gesetzesvorhaben erhält, stammt nur rund ein Prozent von Gemeinden oder Regionen. Ich frage mich, warum von den bestehenden Mitwirkungsrechten nicht mehr Gebrauch gemacht wird?

Trotzdem wird regelmäßig das Schlagwort „Subsidiarität“ gerufen. Sie ist auch ein Schwerpunkt der österreichischen Ratspräsidentschaft. In Bregenz wird es im November eine Konferenz dazu geben. Dabei wurde das Prinzip der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit schon 1992 im Vertrag von Maastricht verankert und im Vertrag von Lissabon präzisiert. Beim Subsidiaritätsprinzip geht es um die Aufteilung von Zuständigkeiten. Es ermächtigt die Europäische Union nur dann, ihre Befugnisse auszuüben, wenn eine Angelegenheit von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend erledigt werden kann. Deswegen muss die Europäische Kommission für jedes neue Gesetzesvorhaben eine Folgeabschätzung liefern und begründen, warum die Ansicht besteht, dass ein Tätigwerden auf EU-Ebene notwendig ist. Die EU-Ebene soll dann aktiv sein, wenn dadurch ein europäischer Mehrwert entsteht.

Kürzlich wurde der Bericht der von Kommissionspräsident Juncker eingesetzten Arbeitsgruppe zu „Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und weniger, aber effizienteres Handeln“ vorgelegt. Die Arbeitsgruppe ging etwa der Frage nach, ob es Politikbereiche gibt, bei der die Zuständigkeit von der EU-Ebene auf die Mitgliedstaaten rückübertragen werden müsste. Die wurde klar mit Nein beantwortet. Aber bei „aktiver Subsidiarität“, bei der sich Gemeinden und Länder besser einbringen können und auch besser gehört werden, da gebe es freilich noch Handlungsbedarf.

Nationale Zuständigkeiten und EU-Zuständigkeiten
Quelle: eigene Darstellung

Wollen Sie Stellung nehmen zu neuen EU-Initiativen? Hier geht es zu den öffentlichen Konsultationen der Europäischen Kommission: https://ec.europa.eu/info/consultations_de

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Österreich im Dienste Europas

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Noch knapp zwei Monate und dann ist der Startschuss der dritten Österreichischen Ratspräsidentschaft. Was bedeutet das? Arbeit im Dienste Europas. Die österreichischen Bundesministerinnen und Bundesminister werden viele „EU-Termine“ wahrzunehmen haben. Sie werden noch häufiger nach Brüssel, Straßburg und Luxemburg reisen. Sie müssen innerhalb eines halben Jahres 36 Ministerräte auf EU-Ebene leiten und die Regierungsmitglieder werden im Europäischen Parlament insgesamt ca. 64 Auftritte absolvieren. Bundeskanzler Kurz wird an Europäischen Räten teilnehmen, Gastgeber eines informellen Treffens der Staats- und Regierungschefs in Wien sein und zu Beginn und zum Ende der Ratspräsidentschaft vor dem Plenum des Europäischen Parlaments in Straßburg auftreten. 15 informelle Ministertagungen werden in Österreich stattfinden. Vorbereitet werden die EU-Ministerräte und die Europäischen Räte in 250 Ratsarbeitsgruppen, von denen 198 Gruppen von Österreichern während der österreichischen Ratspräsidentschaft geleitet werden. Jede einzelne der rund 2000 Arbeitssitzungen im Rat muss hervorragend vorbereitet sein. Die Ratspräsidentschaft plant die Sitzungen und gibt die Tagesordnung vor, verhandelt Kompromisse, zieht die Fäden hinter den Kulissen und organisiert Veranstaltungen.

Österreichs Ratspräsidentschaft fällt in eine schwierige Zeit. Das Europäische Parlament wählt am 23. Mai 2019, Österreichs Vorsitz findet gegen Ende der EU-Legislaturperiode statt. Hingegen hat die österreichische Gesetzgebungsperiode erst begonnen. Die Erwartungen an Österreich sind sehr hoch. Nicht zu Letzt, weil noch versucht werden muss, in Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament bei rund 90 Dossiers Einigungen zu erzielen. Darüber hinaus fallen zwei Herausforderungen in unser Präsidentschaftssemester: der Scheidungsvertrag mit dem Vereinigten Königreich zum „BREXIT“  und das gemeinsame EU-Budget nach 2021 (der sogenannte mehrjähriger Finanzrahmen). Beim EU-Budget hat ja Österreich die Position, dass der österreichische Beitrag von rund 1% des Bruttonationaleinkommens konstant bleibt. Die Beschlüsse über das Budget müssen einstimmig getroffen werden! Ein Thema, mit dem Österreich aber vor allem atmosphärisch zu kämpfen haben wird, ist, dass die bestehenden Klüfte zwischen West und Ost, Nord und Süd, NATO und nicht-NATO-Ländern kleiner werden und nicht größer. Denn ein Europa der zwei Geschwindigkeiten ist nicht das Problem, sondern eine EU der verschiedenen Richtungen.